Ein Bericht auf dem KMU Portal der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 17. Juli 2019
Der Werkzeugfabrikant PB Swiss Tools blickt auf eine lange Geschichte zurück. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, setzt das Unternehmen auf die Märkte in Asien und auf Automatisierung.
Seit mehr als 20 Jahren leitet Eva Jaisli das Schweizer Traditionsunternehmen PB Swiss Tools. Bekannt wurde die 1878 gegründete Firma durch die Produktion hochwertiger Werkzeuge und medizinischer Instrumente. Heute umfasst das Sortiment über 3000 Artikel, die PB Swiss Tools von seinem Sitz im Emmental in über 80 Länder exportiert. Im Interview spricht Eva Jaisli über Herausforderungen auf den internationalen Märkten, das Geschäftsmodell ihres Unternehmens und wie sie junge Frauen für ihre Branche gewinnen möchte.
Welche waren die grössten Herausforderungen, denen Sie sich in den 20 Jahren als Geschäftsführerin von PB Swiss Tools stellen mussten?
Eva Jaisli: Die grösste Herausforderung war sicherlich die Finanzkrise 2008. Ich erinnere mich, dass wir in diesem Jahr eine Feier mit unserer internationalen Kundschaft anlässlich unseres 130-jährigen Firmenjubiläums veranstaltet haben. Eine Woche später gab es die ersten Anzeichen, dass uns eine schwierige Phase bevorstehen würde. Im letzten Quartal 2008 hatten wir dann einen Auftragseinbruch von einem Drittel zu verkraften.
Wie haben Sie die Krise überstanden?
Jaisli: Wir konnten die schwierigen Monate durch Kurzarbeit überbrücken, so dass wir keinen unserer Mitarbeitenden entlassen mussten. Viel wichtiger jedoch war, die Zeit zu nutzen, um neue Produkte zu entwickeln. In der Zeit haben wir das Geschäftsfeld für medizinische Instrumente aufbauen können, das seit 2013 zu unserem festen Sortiment gehört.
PB Swiss Tools exportiert seine Werkzeuge in über 80 Länder. Welche Märkte sind die wichtigsten?
Jaisli: Die wichtigsten Exportmärkte liegen für uns in der EU und in Asien. Gute Verkaufszahlen haben wir traditionell in Deutschland, Süd- und Nordeuropa, in Japan, Südostasien und in China. Der chinesische Markt ist ein besonderer, da wir dort nicht ausschliesslich mit Vertriebspartnern zusammenarbeiten, sondern eine eigene Vertriebsgesellschaft aufgebaut haben. Dies war nötig, da dieser Markt sehr gross ist und die erfolgreiche Einführung einer neuen Marke eine komplexe Aufgabe darstellt.
Welche neuen Märkte werden in Zukunft für Sie wichtig sein?
Jaisli: Generell ist es als exportorientiertes Unternehmen wichtig, sich nicht ausschliesslich auf bestehende Märkte und Kunden zu beschränken. Exogene Einflüsse können schnelle Veränderungen in der Marktnachfrage zur Folge haben. Wir können sie nicht direkt beeinflussen. Die aktuellen Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China zum Beispiel haben direkte Auswirkungen auf unsere Geschäfte. So ist die Investitionsbereitschaft in bestimmten industriellen Bereichen und Märkten verhalten.
Wir sind dabei, neue Märkte in Indien und Indonesien aufzubauen. Der Markteintritt ist immer eine grosse Herausforderung, insbesondere in Märkten, in denen Regularien und Anforderungen berücksichtigt werden müssen, mit denen wir noch nicht vertraut sind. In Asien generell kommt hinzu, dass unserer Endkunden – mittelständische Industrieunternehmen – mit eigenen Beschaffungsgesellschaften zusammenarbeiten. Wir müssen daher genau analysieren, welche On- und Offline-Vertriebskanäle wir bedienen müssen, um unsere Produkte verkaufen zu können.
Auf Ihre Produkte melden Sie keine Patente an. Wie gehen Sie mit Produktfälschungen um?
Jaisli: Unsere Werkzeuge werden seit Jahrzehnten kopiert. Früher, bevor es das Internet gab, haben wir davon entweder gar nicht oder erst spät erfahren. Heute wissen wir das natürlich sehr schnell. Wir haben einzelne Unikate geschützt, aber ansonsten ziehen wir es vor, uns auf die Neuentwicklung von Produkten zu konzentrieren. Jedes Jahr entstehen dadurch bis zu 100 neue Artikel. Der finanzielle und administrative Aufwand, der nötig wäre, um gegen Produktfälschungen vorzugehen, ist zu hoch. Und sehen wir es so: Die Tatsache, dass uns andere Unternehmen kopieren, zeigt die Qualität unserer Produkte.
Inwiefern passen Sie Ihr Sortiment an die zunehmende Automatisierung der Arbeitswelt an?
Jaisli: Es stimmt, dass sich die Anforderungen der Kunden an unsere Produkte mit der Digitalisierung verändern. Wir antworten darauf, indem wir unsere Werkzeuge mit elektronischen Elementen versehen, die ein noch präziseres Arbeiten ermöglichen. So ist es zum Beispiel möglich Drehmomentschraubenzieher mit einer digitalen Anzeige und einer NFC-Schnittstelle zu personifizieren und mit Informationen zum Arbeitsplatz und den Schraubarbeiten zu versehen.
Neue Kundenpräferenzen mit Potential für Innovationen sehe ich auch in der Automobilindustrie. In den nächsten Jahren werden in diesem Bereich verschiedene parallel verlaufende Produktionsprozesse bestehen. Zum einen werden weiterhin Autos mit konventionellen Antrieben gefertigt, zum anderen stellt sich die Industrie auf die Produktion batteriebetriebener Fahrzeuge ein. Es gibt demnach einen grossen Bedarf an vielfältig einsetzbarem Werkzeug.
PB Swiss Tools gehörte selbst in den 80er-Jahren zu den Schweizer Pionieren im Einsatz von Industrierobotern. Wie hat sich der Einsatz von Robotern auf die Arbeit Ihrer Mitarbeitenden ausgewirkt?
Jaisli: Der Einsatz von Robotern ermöglicht uns seit bald 40 Jahren, bestimmte Routinearbeiten zu ersetzen und gleichzeitig die freiwerdenden Ressourcen unserer Mitarbeitenden für die Entwicklung neuer Produkte einzusetzen. Insgesamt ist deren Arbeit vielfältiger und abwechslungsreicher geworden. Es ist auch nicht so, dass Roboter Mitarbeitende überflüssig machen. Im Gegenteil – wir stellen fortlaufend neue Mitarbeitende ein. Die Automatisierung ermöglicht uns auch, unsere wettbewerbsfähige Produktionsweise zu 100% in der Schweiz zu behalten.
Ein besonderes Anliegen von Ihnen ist es, Frauen für Ihre Branche zu begeistern. Was ist Ihre Strategie?
Jaisli: Aktuell machen Frauen ein Drittel unserer insgesamt 170 Mitarbeitenden aus, und das auf allen Hierarchiestufen. In Zukunft möchten wir diese Quote noch erhöhen. In den letzten Jahren haben wir ein vermehrtes Interesse bei jungen Frauen für technische Berufe ausgemacht. Wir fördern dieses Interesse, indem wir beispielsweise zu Tüftelworkshops in unserer Firma einladen und die MEM-Berufe vorstellen. Die Tatsache, dass immer mehr Frauen in unserem Unternehmen arbeiten, gibt natürlich auch ein gutes Bild ab und wird mehr junge Frauen dazu motivieren, bei uns Produkte und Prozesse mitzugestalten.
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